Mit schwierigen Zeiten umgehen

Ich hatte kürzlich wieder eine Phase in der ich krankheitshalber mehrere Tage isoliert zu Hause war und keine Menschen gesehen habe, weil ich sie nicht anstecken wollte. Ich war auch an Silvester noch nicht fit genug und so habe ich es krank auf der Couch verbracht. Und während das Kranksein zum Glück mit der Zeit wieder besser wurde, wird die Isolation irgendwann immer unangenehm, weil selbst ich, die wirklich gern allein ist, zwischendurch mal ein bisschen Gesellschaft, eine Umarmung oder einfach einen verbalen Austausch mit Menschen braucht, die ich mag.

Da ich jetzt schon ein paar Mal in solchen isolierten Situationen war, liste ich nachfolgend einmal ein paar Dinge auf, die mir rückblickend geholfen haben und die mir hoffentlich auch in der nächsten Krise helfen sollen. Ich bin weder Ärztin noch Psychologin und berichte hier einfach von meinen eigenen Erfahrungen.

Vielleicht ist jemand ja in einer ähnlichen Situation. Vielleicht hast du dich kürzlich von jemandem verabschieden müssen, den du sehr vermisst, vielleicht bist du krank oder vielleicht fühlst du dich gerade einfach etwas verloren oder einsam.

Glaub nicht alles, was dir deine Gedanken sagen
Manchmal gerate ich in so ein Mindset, dass mir nach längerer Zeit einredet, dass mich niemand liebt und niemand sich für mich interessiert. Ganz wichtig: Das ist kompletter Schwachsinn! Du wirst geliebt. Und zwar sehr und immer. Auch wenn du es gerade vielleicht nicht physisch spüren kannst. Und auch wenn sich mal für längere Zeit niemand bei dir meldet.

Den Emotionen freien Lauf lassen
Wenn du traurig bist und weinen willst, dann lass es raus. Manchmal stauen sich Gefühle an wie Flüssigkeit in einem vollen Gefäss. Dann muss man es mal ausleeren. Weinen lässt die Emotionen frei und hilft, sie zu verarbeiten. Ich habe ganz lange geglaubt, dass Traurigkeit immer etwas ist, was es sofort zu beheben gilt. Ein Gefühl, das irgendwie niemand aushält, weil es sich so schlecht anfühlt. Dabei gehört Traurigkeit genauso zum Leben wie Freude, Wut, Neid, Angst, Liebe etc. Ein Freund hat mal gesagt: Wenn du schon traurig bist, dann zelebriere die Traurigkeit so richtig. Leg dich in die Badewanne mit einem Prosecco (oder Getränk deiner Wahl) und lass den Tränen freien Lauf. Nasser wirds eh nicht. 🙂 Manchmal reicht es auch schon, die Traurigkeit einfach mal anzunehmen. Es ist okay, mal traurig zu sein. Man kann nun mal nicht jeden Tag ein Honigkuchenpferd sein und manchmal ist halt alles scheisse.

Gefühle aufschreiben
Manchmal fahren die Gedanken Achterbahn und geben einfach keine Ruhe. Dann kann es helfen, aufzuschreiben, was man fühlt. Es ist dann leichter, die Gedanken mal loszulassen und nicht weiter ins Endlose zu zerdenken und vielleicht auf den Grund zu kommen, warum einen das grad so beschäftigt.

Jemandem Bescheid geben und/oder um Hilfe fragen
Das war und ist immer noch sehr schwer für mich. Ich habe oft sehr grosse Mühe damit, jemandem mitzuteilen, dass es mir gerade schlecht geht und ich reden möchte. Ich denke ganz oft, ich komme ja schon allein klar, auch wenn ich in Wahrheit froh wäre, mit jemandem zu reden, weil man ja niemandem zur Last fallen will. Aber sich dazu zu überwinden, lohnt sich sehr. Personen aus dem Umfeld können ja nicht riechen, wie wir uns gerade fühlen. Zudem sind wir alle so oft mit uns selbst beschäftigt, dass es uns gar nicht immer in den Sinn kommt, nachzufragen, wie das Befinden unserer Liebsten grad ist. Wenn ich hingegen von jemandem weiss, dass es ihm oder ihr nicht besonders gut geht, frage ich öfter nach. Und genauso ist es mit den Menschen in meinem Umfeld. Wenn die Bescheid wissen, fragen sie auch immer wieder mal nach, wie es mir gerade geht. Das geht auch noch einen Schritt weiter: Wenn man mit seinem eigenen Kummer nicht klarkommt, darf man sich auch professionelle Hilfe holen. Man geht schliesslich auch zum Arzt mit einem gebrochenen Bein und hofft nicht, dass es dann schon wieder von allein heilt.

Frische Luft
Das unterschätze ich selbst immer wieder. Aber ein Spaziergang an der frischen Luft, auch wenn es nur eine Runde um den Block ist, wirkt Wunder. Wenn man krank ist, kann man auch einfach kurz das Fenster öffnen und ein paar Atemzüge der frischen Luft einatmen und oder das Fenster öffnen, sich unter die Decke verkriechen und warm verpackt ein paar Atemzüge frische Luft schnappen.

Bewegung
Bewegung hilft immer, vom beschäftigten Geist zurück in den Körper zu kommen und sich auf die Bewegungen zu konzentrieren und den Gedanken eine Pause zu gönnen. Ob das ein Spaziergang, eine Yogasession, ein Gymbesuch, eine Laufrunde oder eine Tennispartie ist, ist völlig egal. Das, was gut tut und Freude macht.

Es geht wieder vorbei
Simpel, aber dieser Satz hilft mir so oft, wenns grad schwer ist und schmerzt. Nur weil es mir jetzt gerade schlecht geht oder ich nicht weiter weiss, bleibt das nicht so und es wird mir wieder besser gehen. Es kommen wieder schöne Zeiten, wo es mir richtig gut gehen wird. Das ist kein Dauerzustand. Dann fühlt es sich oft nicht mehr so schwer an.

Beitragsbild von Foto von Andrew Neel

Wutschnecken – kein Gebäck für schwache Nerven

Vor Kurzem erzählte mir meine beste Freundin, dass sie wieder mal grosse Lust hätte, Zimtschnecken zu backen. Sie konnte aber selbst keine backen, weil sie sich kurz vorher an der Hand verbrannt hatte und diese schonen musste.

Weil ich ihr eine Freude machen wollte, bot ich an, dass ich sie ja backen könnte. Sie schickte mir also das Rezept und gab mir ihre Backzutaten mit.

Zimtschnecken funktionieren in der Theorie (oder zumindest in dem spezifischen Rezept) so: Man mischt einen Teig, wallt diesen flach und rechteckig aus, trägt darauf die Zimt-Zucker-Masse auf und rollt den Teig anschliessend zusammen. Dann schneidet man einzelne Scheiben ab, legt diese flach in eine Auflaufform und backt sie anschliessend. In der Theorie also nicht besonders schwer.

Weiterlesen „Wutschnecken – kein Gebäck für schwache Nerven“

Warum es sich immer lohnt, Neues auszuprobieren

Je älter ich werde, desto mehr wird mir bewusst: Man kann nicht alles sofort können und das ist auch gut so.

Das klingt erst mal logisch, ist in der konkreten Anwendung aber oft gar nicht so leicht.

Ich spiele seit 4 Jahren Klavier und besuche seit 1.5 Jahren eine Jazz-Tanzstunde. Ich gehöre also nicht zu den Menschen, die sich im Kindesalter ein Hobby ausgesucht haben und das bis heute ausüben. Dafür waren mir Block- und Tenorflöte auf Dauer dann doch zu öde. An dieser Stelle grüsse ich meine erste Katze Trixi im Himmel, der meine Flötensessions manchmal so in den Ohren schmerzten dass sie mich von hinten angesprungen hat. Nicht weil ich schlecht gespielt hatte (ok vielleicht auch), sondern weil sie die Tonfrequenz einfach nicht ertrug. Mit der Zeit habe ich es dann natürlich extra gemacht, weil ich es lustig fand.

Ich spiele jetzt seit 4 Jahren Klavier und auch wenn ich immer besser werde, habe ich immer noch das Gefühl, es eigentlich gar nicht zu können, obwohl ich schon diverse Stücke spielen kann und mich jeweils auch selbst auf Video aufnehme dabei.

Ich besuche seit etwas mehr als 1.5 Jahren eine Tanzstunde und ich habe mich da komplett ins kalte Wasser geworfen und war anfangs nur überfordert. Interessanterweise will man am Anfang immer alles sofort richtig machen, obwohl das absolut unmöglich ist. Das habe ich bei mir festgestellt und auch bei Anderen, die irgendwann mal neu waren in der Stunde.

Ich besuche seit ein paar Monaten auch eine Yogastunde und war auch damit anfangs komplett überfordert. Ich konnte mir nicht merken, wie die einzelnen Figuren (Asanas?) heissen und hatte Schwierigkeiten, mir die Bewegungsabläufe (Flows) einzuprägen. Und ich bewunderte die Yogalehrerin für ihre Beweglichkeit und Kraft.

Eine sehr wichtige Lektion im Yoga war für mich: „Alles darf, nichts muss. So wie es für dich heute grad stimmt.“

Als ich das verstanden hatte, konnte ich die Erwartungshaltung, den Perfektionismus und den Druck, das jetzt schaffen zu müssen, ein Stück weit gehen lassen. Und es wurde nach und nach leichter als ich angefangen habe auf meinen Körper zu hören. Und plötzlich stellten sich Fortschritte ein und damit auch die Freude.

„It’s okay to suck.“ Ich glaube, das dürfen wir uns alle immer wieder mal sagen und ein wenig von dieser hohen Erwartungshaltung wegkommen. Denn je öfter man sich denkt: „Jetzt habe ich das schon so oft geübt und kann es immer noch nicht“, desto mehr blockiert man sich selbst. Und je verbissener man es versucht, desto weniger klappt es.

Es ist ebenfalls sehr wichtig, zu versuchen, sich nicht mit anderen zu vergleichen, sondern sich auf sich selbst zu fokussieren. Das ist manchmal enorm schwer, aber es lohnt sich, sich das immer wieder bewusst zu machen. Es ist auch nicht klug, sich mit der Person zu vergleichen, die die Stunde leitet. Die hatte im Normalfall eine ordentliche Ausbildung, Kurse, Weiterbildungen, jahrelange Erfahrung, schon extrem viel mehr Stunden als man selbst und und und. Also hoffentlich kann sie es besser als man selbst. Denn hinter jedem Skill stecken normalerweise viele Stunden Arbeit, Disziplin, Beharrlichkeit und Geduld. Natürlich gibt’s auch Menschen, die einfach eine natürliche Begabung haben und gewisse Dinge schneller können als andere. Aber die sind halt eher die Ausnahme.

Denn auch hinter jedem meiner Klavierstücke stecken unzählige Stunden Übung, Korrektur, Feedback von meiner Klavierlehrerin und noch mehr Übung. Und auf ein fehlerfreies Video, das ich dann auf Instagram lade, gibt es mind. 5 – 10 Fehlversuche mit sehr genervter Gestik und Mimik, weil ich es SCHON WIEDER falsch gespielt habe, obwohl es die anderen 20 Male doch geklappt hat.

Und jeder meiner Texte hier ist das Ergebnis von unzähligen Versionen, Umstrukturierungen und Anpassungen bis ich ihn dann veröffentliche.

Oft ist auch einfach die Angst zu präsent, die mich davon abhält, mich an neue Dinge heranzuwagen, die ich gern tun würde, weil ich Angst davor habe. Angst vor Neuem, Angst, die eigene Komfortzone zu verlassen, Angst, nicht gut genug zu sein und die Angst zu scheitern. Die Angst ist ein Reflex, um uns vor Gefahren zu schützen. Aber wenn man ihr die Oberhand gibt, hält sie uns eben auch davon ab, uns ins Neue und Unbekannte zu wagen und an diesen Erfahrungen zu wachsen. Und wenn etwas scheitert, dann ist es halt so und auch okay. Dann hat man es wenigstens mal probiert und hat nachher vielleicht ne gute Story zu erzählen.

Ich habe mit meinen neuen Hobbies einfach gelernt, dass die Angst vor dem Scheitern einen nicht daran hindern sollte, es zu versuchen. Denn mit jedem neuen Versuch lernt man so viel über sich selbst und das Leben.

Heute habe ich ein Reel gesehen von einer Frau, die mit Triathlon angefangen hat. Und sie hat gesagt, dass sie immer die Letzte war. Die Letzte beim Rennen, die Letzte beim Schwimmen und die Letzte beim Radfahren. Aber sie war da und sie hat immer durchgezogen bis ins Ziel. Und das allein ist schon ein riesiger Grund, stolz auf sich selbst zu sein. Because you came and you showed up.

Beitragsbild von SevenStorm JUHASZIMRUS von Pexels.

Über die beschissenste Zeit des Monats

Eigentlich hätte ich einige Ideen für andere Texte und Beiträge, aber etwas anderes dominantes, monatlich Wiederkehrendes drängt sich auf: Meine Periode.

Menschen, die mich kennen, würden mich wohl als freundliche, fröhliche, humorvolle, sanftmütige und ausgeglichene Person beschreiben. Das ändert sich jedoch, sobald die rote Welle anrollt.

Etwa eine Woche bevor ich meine Tage bekomme, merke ich wie mein Energielevel abnimmt. Ich ertrage grosse Menschenaufläufe noch weniger als sonst und frage mich permanent, warum Person X und Y im Zug so nahe bei mir stehen müssen. Ich reagiere empfindlicher auf Lärm, Licht und Gerüche. Ein bisschen so wie ein Vampir. Super Voraussetzungen, wenn man jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fährt. Danke an diejenigen, die Noise-Cancelling-Kopfhörer erfunden haben. Ihr macht mein Leben so viel besser!

Ein bis zwei Tage bevor meine Blutung dann einsetzt, wirds richtig mühsam. Ich fange an, alles was ich tue und alles was ich cool finde zu hinterfragen. Alles ist irgendwie scheisse und ich habe keinen Bock mehr darauf und es macht doch alles keinen Sinn. Was tue ich hier und keiner liebt mich.

Foto von Nik auf Unsplash

Zusätzlich dazu erwacht in mir ein innerer Drache, der sowohl meinen Körper massiv anheizt und zu unerwartet heftigen Schweissausbrüchen führt und sämtliche Wut in mir hervorruft, die ich je gefühlt habe im Leben. Mein Hirn spielt natürlich mit, indem es mich all die Situationen nochmal geistig durchgehen lässt.

Und wenn dieser Psychoterror, genannt PMS für (Prämenstruelles Syndrom) dann ein Ende findet, wenn die Blutung dann einsetzt, dann geht der Spass erst richtig los.

Denn vom „pain in the brain“ gehts dann directly zum „pain in the uterus“. Und diese Schmerzen wünsche ich niemandem. Es fühlt sich in etwa an als würde jemand seine Daumen links und rechts unterhalb der Hüftknochen Richtung Körpermitte so richtig doll in den Bauch reindrücken und für zwei Tage nicht mehr damit aufhören. Dieser Schmerz sorgt jeweils dafür, dass ich mich am liebsten hinlegen würde und zwei Tage nicht mehr aufstehen möchte, weil es so weh tut. Der Schmerz wird begleitet von Übelkeit, allgemeinem Unwohlsein, Schweissausbrüchen und Müdigkeit. Kürzlich habe ich gehört, dass Periodenschmerzen vergleichbar sind mit Schmerzen bei einem Herzinfarkt. Bei einem Herzinfarkt fährt man ins Krankenhaus. Bei Periodenschmerzen nehme ich eine oder mehrere Schmerztabletten und fahre zur Arbeit. Finde den Fehler.

Foto von Sora Shimazaki auf Pexels

Nebst dem Psychoterror, der Blutung und den Schmerzen kommen körperliche Eigenschaften hinzu wie Pickel im Gesicht, schnell fettende Haare und Haut, Blähbauch, ein generelles aufgedunsenes Gefühl und der unstillbare Heisshunger auf Süsses und Schokolade.

Und dann kommen noch die Leute dazu, die Dinge zu mir sagen wie: „Warum bist du eigentlich immer so scheisse, wenn du deine Tage hast? Du bist dann immer so übel gereizt!“ Und diese Aussagen kamen bisher ausschliesslich von Männern. Fühl mal, was ich fühle und dann reden wir weiter. Wenn du keinen Uterus hast, einfach mal die Fresse halten.

Nach etwa einer Woche ist der ganze Spuk dann auch wieder vorüber und mein Hormonspiegel pendelt sich wieder auf einem normalen Level ein.

Bis dahin: Kommt in Frieden und ihr habt nichts zu fürchten. Ansonsten bekommt ihr mein Drachenfeuer zu spüren.

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Hohe Schuhe tragen als grosse Frau

Hohe Schuhe tragen mit 1.90 m Körpergrösse ist so eine Sache.

Für mich etwas, das ich mich sehr lange nicht getraut hatte. Das ist heute anders.

Schuhe mit Absätzen waren für mich ganz lange ein absolutes No-Go. Ich fand
sie zwar schön und habe andere Frauen immer bewundert, wenn diese Absätze
getragen haben, aber für mich war das nie ein Thema.

Ich war schliesslich 1.90m gross. Wofür brauchte ich denn noch Absätze, wenn ich sowieso schon grösser war als die meisten Menschen um mich herum? Das machte ja gar keinen Sinn und ich konnte sowieso nicht damit laufen.

Ausserdem war ich schon öfter Männern zusammen, die kleiner waren als ich
und die wollte ich ja auch nicht überragen. Wie sieht das denn aus, wenn ich grösser war als der Mann?

Dann kam noch dazu, dass ich hohe Schuhe ganz oft extrem unbequem fand und sie nur anzog, wenn es sich nicht vermeiden liess. Also bspw. auf wichtigen Events wie Hochzeiten usw.

Dieses Verhalten hat sich hartnäckig gehalten bis ich online irgendwann
schwarze Overknee Stiefel entdeckte, die mir besonders gut gefielen. Ich schickte den Link meiner besten Freundin. Sie meinte, sie wären cool und ich solle sie bestellen. Ich war skeptisch, weil ich doch bis dahin nie Absätze trug, bestellte sie aber dennoch, weil ich neugierig war. 

Als ich sie dann anprobierte, passten sie perfekt, also schickte ich ihr ein Foto davon und sie meinte:
„Sie sehen toll aus!“ Ich mochte sie auch total, vor allem weil es zum ersten Mal Schuhe mit Absätzen waren, die WIRKLICH bequem waren. Ich war mir aber auch unsicher. Ich fragte sie dann, ob sie nicht zu hoch, zu sexy oder zu viel seien? Sie meinte dann nur: „Nein, überhaupt nicht und du darfst das tragen.“

Und ich glaube, das war ein Schlüsselmoment für mich. Dass sie mir einfach
die Erlaubnis gab, solche Schuhe zu tragen, obwohl ich es mir ganz lange nicht
erlaubt hatte. Es brauchte dann auch nochmal einige Zeit, Motivation von ihrer Seite, ein Outfit und den passenden Event bis ich sie dann wirklich angezogen habe. Aber als es dann so weit war, habe ich plötzlich bemerkt, dass ich mich sehr wohl darin fühle. Und gar nicht komisch. Sondern richtig gut. Das war der Anfang. Und seither sind noch ein paar weitere (bequeme!) hohe Schuhe dazu gekommen.

Mir ist jetzt klar geworden dass hinter meiner Angst, hohe Schuhe zu tragen noch viel mehr steckt. Es ist das Gefühl, als ganzer Mensch „zu viel“ zu sein allein aufgrund der eigenen Körpergrösse. Und wenn man da noch ein paar Zentimeter anhängt, ist man ja „noch mehr“. Zudem wird und wurde meine Grösse oft genug kommentiert, um diesen Glaubenssatz zu erschaffen. Von „Du bist wirklich gross, ich fühle mich extrem klein neben dir“ bis zu „Du bist doch schon so gross, warum musst du dann noch Absätze tragen?“.

Und auch wenn wir im Feminismus schon ein gutes Stück voran gekommen sind – viele Frauen (und ich zähle mich dazu) wünschen sich immer noch einen Partner, der gleich gross oder grösser ist. Und den überragen wir einfach ungern. Das zumindest habe ich selbst lange gedacht und auch von anderen grossen Frauen mitbekommen.

Und deshalb habe ich nun einen Entschluss gefasst:

„Don’t dim your light to make others feel comfortable.“

Ich muss mich nicht anpassen, um anderen zu gefallen. Ich darf das tragen, was ich will. Scheissegal, was irgendjemand darüber sagt.

Und seit einiger Zeit ziehe ich regelmässig hohe Schuhe an, wenn wir
ausgehen, wenn ich Lust darauf habe. Und ja, ich bin dann mind. 1.95m gross und überrage die meisten Leute und alle schauen mich an, wenn ich den Raum betrete, aber es ist mir absolut egal, denn ICH fühle mich gut damit. „Die Leute“ verurteilen sowieso, egal, was man tut oder anzieht. Also mache ich
das, was sich für mich richtig anfühlt. Es scheint mir so, als müsste man in manche Dinge nicht nur köperlich rein, sondern auch geistig reinwachsen.

An Silvester hatte ich ebenfalls hohe Schuhe an. Irgendwann ging ich aufs Klo und während ich in der üblichen Warteschlange wartete bis eine Kabine frei wurde, sprach mich die Frau an, die vor mir stand. Sie wollte wissen, wie gross ich bin. Ich frage dann oft, was so geschätzt wird, weil ich das immer interessant finde. Als sie dann meine Grösse herausgefunden hatte, sagte sie: „Ja, und du hast auch noch Absätze an?“ „Ja, genau“, sagte ich und deutete auf meine Füsse und zeigte ihr die Schuhe. Dann sagte sie unerwartet zu mir: „Wow, cool, du siehst so aus als würdest du dich sehr wohl darin fühlen.“ Und das war das schönste Kompliment für mich, weil ich mich genau so gefühlt hatte.

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Turning 30

Liebes 29. Lebensjahr

Allerhöchste Zeit, mal ein bisschen über das Leben zu sinnieren.

Was warst du für ein Ritt! Wenn ich dich Revue passieren lasse, dann breitet sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus. Denn du hast so vieles verändert. Wer ich war und wer ich bin. Immer noch ich, aber doch so anders. Weiter, reifer, erfahrener und so viel mehr bei mir selbst als je zuvor.

Wenn ich dir einen Titel geben müsste, würde ich dich „Achterbahn“ nennen, weil du ein einziges Auf und Ab warst.

Ich habe mir ein neues Leben aufgebaut und meine letzte Beziehung verarbeitet. Ich habe das Tanzen und die Freude an der Musik wieder für mich entdeckt. So viele tolle, neue Menschen sind in mein Leben getreten. Manche von ihnen haben mich ein Stück auf meinem Weg begleitet, mir etwas gezeigt oder beigebracht und sind danach wieder aus meinem Leben getreten. Andere sind gekommen und geblieben und zu denen die schon da waren, hat sich die Beziehung noch vertieft.

Ich hatte viele Sorgen, Ängste und Zweifel. Ich hatte Corona und einen gebrochenen Fuss. Ich habe gelernt, was es heisst, auf mich allein gestellt und für mich selbst da zu sein.

Es gab so viele aufregende erste Male.

Liebes 29. Lebensjahr, du warst gleichermassen wundervoll wie schmerzhaft. Bunt, neu, turbulent und oft ausserhalb meiner Komfortzone. Ich habe dank dir vieles losgelassen und du hast mich näher zu mir selbst gebracht und dafür danke ich dir.

Und was du mich vor allem gelehrt hast: Es steht und fällt alles mit mir selbst.

Jemand sagte mir einmal, dass das Leben mit 30 erst beginnt.

Das neue Jahrzehnt darf kommen. Ich bin bereit.

Den letzten Abend meiner wilden 20er Jahre verbringe ich übrigens mit einem hartnäckigen Schnupfen auf der Couch. „Du bist halt auch keine 18 mehr!“ „Ja, und das ist auch verdammt gut so!“

Und jetzt gehe ich weiter Smarties essen! Cheers!

Humpelinchen

Es fing alles mit vermeintlich harmlosen Fussschmerzen an, die trotz Schmerzmittel und Salbe nach einer Woche nicht besser wurden.

Das Röntgenbild war astrein, erst das MRI zeigte Gewissheit: Ein Mittelfussknochen war angebrochen. Und es ist ironischerweise genau der Knochen des Zehs, der das Pendant zu meinem Mittelfinger bildet. Es handelt sich um einen Ermüdungsbruch oder eine Stressfraktur. „Ermüdungsbruch“ hört sich im ersten Moment irgendwie nach einer Verletzung an, die man im Alter mit brüchigen Knochen bekommt. Tatsächlich hat eine solche Verletzung aber nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit der Art und Weise wie sie entsteht – nämlich durch kontinuierliche Überbelastung. Ermüdungsbrüche können bspw. auftreten, wenn man sich auf einem Marathon vorbereitet und seine Trainingseinheiten laufend erhöht und die Füsse dadurch mehr belastet oder wenn man ungeübt eine lange Wanderung macht. Da ich weder viel wandere noch Marathon laufe, weiss ich nicht genau, wie mein Bruch entstanden ist. Ich tanze seit 8 Monaten 1x pro Woche. Das ist nichts Neues und auch keine kontinuierliche Steigerung. Vermutlich hat sich diese Verletzung bereits seit Längerem abgezeichnet und es gab kein konkretes Ereignis. Jedenfalls sieht mein Knochen jetzt ein bisschen aus wie in diesen GlissKur Haarproduktwerbungen, wenn sie jeweils an der Nahaufnahme eines einzelnen Haares zeigen, wie brüchig es ist. Ungefähr so sieht mein dritter Mittelfussknochen jetzt auch aus.

Was tut man also um diesen Bruch wieder zu heilen? Das Gleiche wie bei allen Brüchen: Ruhig stellen und möglichst nicht bewegen, damit der Knochen wieder zusammenwachsen kann. Ich brauche zum Glück keinen Gips und musste auch nicht operieren. Allerdings muss ich eine Fussorthese tragen, um den Fuss zu stabilisieren und darf mich nur mit Gehstöcken fortbewegen und soll den Fuss möglichst wenig belasten. Für 4 Wochen. Und ich darf 8 Wochen nicht tanzen.

Und das mitten im Juli, wenn es gefühlte 50 Grad hat, man sich in der Badi einfach nur abkühlen möchte und am Wochenende mit Freunden auf Parties, Ausflüge oder Veranstaltungen gehen möchte und das Leben geniessen will. Wenn man zudem allein wohnt, ist das alles eine ziemliche Kackscheisse, das steht fest.

Eine Fussorthese sieht ein bisschen wie einen Snowboardschuh mit Klettverschlüssen aus. Allerdings eher mit der Optik eines Transformerfusses (ja genau, die Filme, in denen sich Roboter in Autos verwandeln). Zudem hat die Orthese einen durchgehenden Absatz. Das heisst, wenn man sich gerade hinstellen möchte, muss man sich mit dem gesunden Fuss auf die Zehenspitzen stellen. So fühlt man sich als ob man auf einem High Heel durch die Gegend läuft, wenn man am anderen Fuss keinen Schuh trägt. Seit ich mit Gehstöcken laufen muss, ist mir bewusst, dass ich unter den Achseln Muskeln habe, die ich vorher noch nie gebraucht habe. Das hat mir der Muskelkater in den ersten paar Tagen auf sehr eindrückliche Weise gezeigt.

Das Schlimmste an dieser Verletzung ist, dass ich weder tanzen noch Klavier spielen kann. Beim Klavier spielen klingen die Stücke nur richtig schön mit Pedal. Und das wird – genau – mit dem rechten Fuss gedrückt.

Also was macht man mit einem gebrochenen Fuss im Hochsommer, wenn man nicht wirklich mobil ist? Oder wie Frau Martullo-Blocher sagen würde: „What do you do when the beamer breaks down?“

Zuerst mal sehr fest weinen, seine beste Freundin anrufen und ihr mitteilen, wie scheisse das eigene Leben jetzt ist und man nie wieder glücklich wird. (Ok, ganz so schlimm wars nicht.)

Und dann habe ich mich auf das fokussiert, was ich gern tue und noch tun kann: Workouts ohne Fussbelastung. Youtube hat ein ganzes Repertoire an Videos zur Verfügung, weil dieses Problem schon eine gefühlte Trillion andere Menschen hatten. Ansonsten malen, lesen, Musik und Podcasts hören, meine Streamingdienste nutzen und Freund:innen zu mir einladen. Ausserdem habe ich jetzt Balkonmöbel, damit ich trotzdem draussen sein kann ohne das Haus zu verlassen.

Die Fussverletzung hat mich gezwungen, es mal ein wenig ruhiger angehen zu lassen und mich ganz auf mich selbst zu konzentrieren. Das ist nicht immer leicht aber sehr lehrreich und all die Dinge, die ich jetzt vermisse, werden danach doppelt so schön, wenn sie wieder möglich sind.

Bis dahin, denkt an mich, während ihr die Freiheit auf zwei gesunden Füssen geniesst.

Euer Humpelinchen

Über die Schwierigkeit des Nichtstuns

Mir fällt seit Längerem bei mir selbst und bei Anderen auf, dass es schon fast zur Pflicht geworden ist, immer etwas vorzuhaben. Es kommt mir ein wenig so vor, als müsste man ständig auf Achse sein, weil sonst etwas falsch läuft mit einem.

Die Umstände dafür sind jetzt natürlich auch besser als in den letzten zwei Jahren. Die Corona Massnahmen sind aufgehoben in der Schweiz und es ist schönes Wetter. Man kann endlich wieder raus und Leute sehen, Veranstaltungen besuchen, das Leben geniessen. Mache ich auch und finde ich super.

Aber irgendwie wird mir das manchmal zu viel und es entsteht so ein Druck, immer etwas tun zu müssen: Freunde treffen, auf Konzerte gehen, Bars besuchen, auf Parties gehen, Sport machen, Hobbies pflegen, Dates, Städtetrips, Spazieren und und und…

Und dann kommt das Wochenende, wo gefühlt auch jede Minute durchgeplant sein muss. „Was läuft am Wochenende?“ Nicht viel. „Warum nicht?“ Weil ich die ganze Woche schon jeden Tag zur Arbeit fahre, abends meistens auch was los ist und ich nicht immer nur rennen kann, sondern auch mal stehen bleiben oder gehen möchte, um Luft zu holen. Wir müssen doch nicht immer etwas tun und leisten und das auf Social Media posten, um allen zu zeigen, wie super unser Leben ist.

Mir fällt es sehr schwer, mal nichts zu tun. In meinem Kopf denkt zur Zeit immer etwas. Das stresst mich. Ich bewundere Menschen, die sich einfach irgendwo hinsetzen und aus dem Fenster gucken können ohne nebenbei noch was Anderes zu machen. Sie geniessen grad einfach den Moment und stehen oder sitzen da. Ich muss dann immer irgendwas auf meinem Handy gucken.

Und ich glaube, genau in solchen Momenten, wenn man sich so getrieben fühlt, wäre es wichtig, in sich hineinzuhören und sich zu fragen, was man gerade braucht ohne es mit etwas Anderem zu übertönen.

Natürlich ist es von Mensch zu Mensch unterschiedlich, was die eigenen Bedürfnisse anbelangt. Ich bin ein introvertierter und feinfühliger Mensch, der seine Akkus in der Ruhe auflädt, wenn die laute Welt von Zeit zu Zeit zu viel wird. Ich bin dann oft wie eine übellaunige Katze mit einem sehr angepissten Gesichtsausdruck, die bedrohlich miaut oder sogar faucht, wenn man ihr an ihrem Rückzugsort zu nahe kommt.

Foto von Anna Shvets

Es ist jetzt Freitagabend und ich habe NICHTS vor. Und mein PMS-Alterego und ich werden uns jetzt in meiner Wohnung verkriechen, ein bisschen viel Schokoeis essen, das Handy weglegen und die laute, schnelle Welt da draussen sein lassen, denn sie ist morgen auch noch da.

Beitragsbild von Creative Workshop

Der Kinobesuch

Ich wusste seit Wochen, dass ich den neuen Downton Abbey Film im Kino sehen wollte. Aber ich kannte niemanden, der die vorangehende Serie auch gesehen hatte und irgendwie hatte ich auch keine Lust, lange rumzufragen um jemanden zu finden, der sich den mit mir ansieht. Also habe ich beschlossen, ihn mir einfach allein anzusehen.

Denn ich war noch nie allein im Kino. Die Vorstellung daran war mir früher immer armselig und irgendwie bemitleidenswert erschienen. Alle sind mit jemandem da, nur man selbst sitzt allein da? Nein, was denken denn die Anderen von mir?

Da ich vor Kurzem ganz allein in eine andere Stadt geflogen bin und bemerkt habe, dass allein reisen eigentlich sehr angenehm ist, war ich nun also neugierig wie sich der Kinobesuch anfühlen würde. Ich kaufte mein Ticket morgens online für die frühe Abendvorstellung und habe mir dann etwas Hübsches angezogen als es so weit war, um mich mit mir selbst wohlzufühlen. Einen kurzen Augenblick hatte ich sogar überlegt, ob ich ungeschminkt hingehen sollte, aber das war mir dann doch etwas zu viel. Man muss es dann ja nicht gleich übertreiben.

Im Kino angekommen, ging ich zur Snackbar, um mir etwas für den Film zu kaufen. Nachdem ich ein Eis und ein Getränk bezahlt hatte, fragte mich der Verkäufer hinter der Theke, ob ich ihm noch mein Ticket zeigen konnte. Ich hielt ihm das Handy mit dem QR-Code hin und dann sagte er: „Sie sind im falschen Kino“. Und ich fiel aus allen Wolken. „Sind Sie sicher?“, fragte ich. Ich hatte doch dieses Kino gebucht. „Ja“, sagte er, „denn den Film, den Sie sehen wollen, spielen wir hier gar nicht.“ Das war nun ja noch nie passiert. Ich hatte das falsche Kino gebucht und das nicht mal geschnallt. Ich, die sonst immer alles organisiert haben musste und kein Detail übersah. Ausgerechnet mir passiert das. Ich realisierte nun, dass ich hier wirklich falsch war und war augenblicklich gestresst. Der Film würde in 20 Minuten anfangen und ich war am anderen Ende von Zürich. „Und jetzt?“, fragte ich den Mann verzweifelt, weil mein Hirn grad einen Aussetzer hatte. Er schaute auf seine Armbanduhr und sagte: „Sie können gleich hier das Tram nehmen und dann schaffen Sie es noch pünktlich bis Filmbeginn. Mit der Werbepause sollte das gut klappen. Nehmen Sie den Ausgang da rechts und dann sind sie sofort wieder draussen.“ Ich dankte ihm und eilte mit den Snacks im Arm zur Tür. Wofür hatte ich die jetzt eigentlich gekauft? Ich habe sie dann im Tram verschlungen, weil ich sie ja schlecht ins andere Kino mitnehmen konnte.

Natürlich war auf dem Weg ins Kino noch ein Fahrerwechsel im Tram und es hielt kurz vor der Zielhaltestelle auch noch eine gefühlte Ewigkeit an, bevor ich endlich aussteigen konnte. Ich war für einmal sehr froh um die Werbepause, weil ich trotz Stress dann doch noch genügend Zeit hatte bis der Film anfing. Im dunklen Kino schaffte ich es irgendwie, meinen Platz zu finden mit Hilfe meiner Handytaschenlampe.

In der Pause habe ich mir dann noch ein Popcorn geholt und dann war das Filmfeeling vollkommen. Der Film war wunderschön und so rührend am Ende, dass ich mir gewünscht hätte, ich hätte Taschentücher mitgebracht. Und es fühlte sich überhaupt nicht komisch an, allein da zu sein. Als ich das Kino verliess, regnete es – passend zum Film typisch Englisch – in Strömen. Aber es war dieser Regen nach einem warmen Sommertag, wenn sich die Wärme und die Feuchtigkeit des Regens vermischen und dieser unglaubliche Geruch entsteht, der in mir immer das Gefühl wilder Freiheit auslöst.

Perfekt also zum heutigen Tag.

The End.

Beitragsbild von Linda Gschwentner von Pexels

Geduldsprobe

Seit über einer Woche sitze oder liege ich nun hier. Verschnupft, hustend. You got me, Corona.

Die Richtlinie besagt, dass man fünf Tage in Isolation gehen muss, sich aber erst wieder unter Menschen begeben darf, wenn man 48 h symptomfrei ist. Ich bin jetzt seit über einer Woche zu Hause und noch ziemlich weit davon entfernt, symptomfrei zu sein. So erkältet war ich seit Ewigkeiten nicht und das trotz vollständiger Impfung und Booster. Ich trinke Tee, nehme Hustensirup, schleimlösende Pillen und inhaliere regelmässig. Zudem mache ich jeden Tag Atemübungen und bewege mich häufig. Einem Teil von mir wird es bang, wenn ich dran denke, wie es ohne Impfungen wäre und ein anderer Teil fragt sich, ob die Impfungen wirklich etwas gebracht hat.

Ich hatte gehofft, morgen meine Eltern besuchen und den Geburtstag meines Bruder feiern zu können, aber das geht nicht, weil mein Antigen Schnelltest heute immer noch positiv war und ich einfach noch nicht gesund bin. Ich habs langsam satt, mit allen nur über Anruf und Textnachrichten zu kommunizieren. Ich möchte meine Familie und meine beste Freundin wieder mal sehen und umarmen können, ohne Angst zu haben, dass ich ihnen denselben Mist anhänge. Ich möchte zum Friseur und ins Nagelstudio und ich möchte mich wieder mal schminken und hübsch anziehen. Ich vermisse meine Arbeitskolleg:innen und meine Tanz- und Klavierstunden. Ich möchte wieder meine gewohnte Spazierrunde machen, ohne nach einem Fünftel der Strecke mit schmerzender Lunge umkehren zu müssen. You suck, Covid!

Das alles ist natürlich nicht der Rede wert, wenn man daran denkt, dass viele Ukrainer:innen gerade um ihr Leben bangen und nicht wissen, wo sie oder ihre Liebsten die nächste Nacht schlafen, essen oder ob ihr Zuhause am Ende des Tages noch steht oder noch von einer Bombe zerfetzt wird.

Ich sitze hier in meinem goldenen Käfig, habe genug zu essen, ein warmes Bett, funktionierendes Internet, ein Dach über dem Kopf und muss glücklicherweise keine Angst haben, dass irgendwas davon am Ende des Tages einem Krieg zum Opfer fällt. Und dafür bin ich sehr dankbar.

Aber auch ein goldener Käfig mit allen Vorzügen fühlt sich irgendwann scheisse an, wenn man zu lang drin sitzt und nicht rauskann, weil das was man gerade in sich trägt, anderen Schaden zufügen kann. Ausserdem gibt es auch abseits vom Ukrainekrieg immer Menschen, denen es gerade schlechter geht als mir jetzt.

Ich bin ein introvertierter Mensche und bin gern allein. Ich möchte meinem Körper die Zeit geben, die er braucht, um sich zu erholen. Aber es fällt mir zunehmend schwer, weil ich mit meiner Geduld langsam am Ende bin und sich auch bei mir Frust und Pessimismus breit machen.

Wie auch immer – Unkraut vergeht nicht. 🙂 Aber es braucht seine Zeit, bis es wieder in voller Grösse und Kraft erstrahlt, wenn man Gift drübergekippt hat.

Ich danke meinen Nachbarn für die Botengänge und allen anderen, die sich regelmässig nach meinem Befinden erkundigt haben sowie die lieben Genesungswünsche! Ihr seid goldig!

Bis hoffentlich bald und peace out,
eure Edwardine mit den Scherenhänden

Foto von Jeswin Thomas von Pexels

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