Über die Schwierigkeit des Nichtstuns

Mir fällt seit Längerem bei mir selbst und bei Anderen auf, dass es schon fast zur Pflicht geworden ist, immer etwas vorzuhaben. Es kommt mir ein wenig so vor, als müsste man ständig auf Achse sein, weil sonst etwas falsch läuft mit einem.

Die Umstände dafür sind jetzt natürlich auch besser als in den letzten zwei Jahren. Die Corona Massnahmen sind aufgehoben in der Schweiz und es ist schönes Wetter. Man kann endlich wieder raus und Leute sehen, Veranstaltungen besuchen, das Leben geniessen. Mache ich auch und finde ich super.

Aber irgendwie wird mir das manchmal zu viel und es entsteht so ein Druck, immer etwas tun zu müssen: Freunde treffen, auf Konzerte gehen, Bars besuchen, auf Parties gehen, Sport machen, Hobbies pflegen, Dates, Städtetrips, Spazieren und und und…

Und dann kommt das Wochenende, wo gefühlt auch jede Minute durchgeplant sein muss. „Was läuft am Wochenende?“ Nicht viel. „Warum nicht?“ Weil ich die ganze Woche schon jeden Tag zur Arbeit fahre, abends meistens auch was los ist und ich nicht immer nur rennen kann, sondern auch mal stehen bleiben oder gehen möchte, um Luft zu holen. Wir müssen doch nicht immer etwas tun und leisten und das auf Social Media posten, um allen zu zeigen, wie super unser Leben ist.

Mir fällt es sehr schwer, mal nichts zu tun. In meinem Kopf denkt zur Zeit immer etwas. Das stresst mich. Ich bewundere Menschen, die sich einfach irgendwo hinsetzen und aus dem Fenster gucken können ohne nebenbei noch was Anderes zu machen. Sie geniessen grad einfach den Moment und stehen oder sitzen da. Ich muss dann immer irgendwas auf meinem Handy gucken.

Und ich glaube, genau in solchen Momenten, wenn man sich so getrieben fühlt, wäre es wichtig, in sich hineinzuhören und sich zu fragen, was man gerade braucht ohne es mit etwas Anderem zu übertönen.

Natürlich ist es von Mensch zu Mensch unterschiedlich, was die eigenen Bedürfnisse anbelangt. Ich bin ein introvertierter und feinfühliger Mensch, der seine Akkus in der Ruhe auflädt, wenn die laute Welt von Zeit zu Zeit zu viel wird. Ich bin dann oft wie eine übellaunige Katze mit einem sehr angepissten Gesichtsausdruck, die bedrohlich miaut oder sogar faucht, wenn man ihr an ihrem Rückzugsort zu nahe kommt.

Foto von Anna Shvets

Es ist jetzt Freitagabend und ich habe NICHTS vor. Und mein PMS-Alterego und ich werden uns jetzt in meiner Wohnung verkriechen, ein bisschen viel Schokoeis essen, das Handy weglegen und die laute, schnelle Welt da draussen sein lassen, denn sie ist morgen auch noch da.

Beitragsbild von Creative Workshop

2 Kommentare zu „Über die Schwierigkeit des Nichtstuns“

  1. Ich kann dieses Gefühl gut verstehen. Ein bisschen ist das mit der FOMO – der fear of missing out – verbunden. Nur, dass man sich quasi gegen diese wehren will. Dass man eben gern auch mal etwas verpasst, bzw. sich kein schlechtes Gewissen einreden lassen will, wenn man mal etwas nicht tut. Machst du absolut richtig so! Und bei der Assoziation mit der grumpy cat musste ich schmunzeln. 🙂
    Liebe Grüße
    Alina

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