Der Kinobesuch

Ich wusste seit Wochen, dass ich den neuen Downton Abbey Film im Kino sehen wollte. Aber ich kannte niemanden, der die vorangehende Serie auch gesehen hatte und irgendwie hatte ich auch keine Lust, lange rumzufragen um jemanden zu finden, der sich den mit mir ansieht. Also habe ich beschlossen, ihn mir einfach allein anzusehen.

Denn ich war noch nie allein im Kino. Die Vorstellung daran war mir früher immer armselig und irgendwie bemitleidenswert erschienen. Alle sind mit jemandem da, nur man selbst sitzt allein da? Nein, was denken denn die Anderen von mir?

Da ich vor Kurzem ganz allein in eine andere Stadt geflogen bin und bemerkt habe, dass allein reisen eigentlich sehr angenehm ist, war ich nun also neugierig wie sich der Kinobesuch anfühlen würde. Ich kaufte mein Ticket morgens online für die frühe Abendvorstellung und habe mir dann etwas Hübsches angezogen als es so weit war, um mich mit mir selbst wohlzufühlen. Einen kurzen Augenblick hatte ich sogar überlegt, ob ich ungeschminkt hingehen sollte, aber das war mir dann doch etwas zu viel. Man muss es dann ja nicht gleich übertreiben.

Im Kino angekommen, ging ich zur Snackbar, um mir etwas für den Film zu kaufen. Nachdem ich ein Eis und ein Getränk bezahlt hatte, fragte mich der Verkäufer hinter der Theke, ob ich ihm noch mein Ticket zeigen konnte. Ich hielt ihm das Handy mit dem QR-Code hin und dann sagte er: „Sie sind im falschen Kino“. Und ich fiel aus allen Wolken. „Sind Sie sicher?“, fragte ich. Ich hatte doch dieses Kino gebucht. „Ja“, sagte er, „denn den Film, den Sie sehen wollen, spielen wir hier gar nicht.“ Das war nun ja noch nie passiert. Ich hatte das falsche Kino gebucht und das nicht mal geschnallt. Ich, die sonst immer alles organisiert haben musste und kein Detail übersah. Ausgerechnet mir passiert das. Ich realisierte nun, dass ich hier wirklich falsch war und war augenblicklich gestresst. Der Film würde in 20 Minuten anfangen und ich war am anderen Ende von Zürich. „Und jetzt?“, fragte ich den Mann verzweifelt, weil mein Hirn grad einen Aussetzer hatte. Er schaute auf seine Armbanduhr und sagte: „Sie können gleich hier das Tram nehmen und dann schaffen Sie es noch pünktlich bis Filmbeginn. Mit der Werbepause sollte das gut klappen. Nehmen Sie den Ausgang da rechts und dann sind sie sofort wieder draussen.“ Ich dankte ihm und eilte mit den Snacks im Arm zur Tür. Wofür hatte ich die jetzt eigentlich gekauft? Ich habe sie dann im Tram verschlungen, weil ich sie ja schlecht ins andere Kino mitnehmen konnte.

Natürlich war auf dem Weg ins Kino noch ein Fahrerwechsel im Tram und es hielt kurz vor der Zielhaltestelle auch noch eine gefühlte Ewigkeit an, bevor ich endlich aussteigen konnte. Ich war für einmal sehr froh um die Werbepause, weil ich trotz Stress dann doch noch genügend Zeit hatte bis der Film anfing. Im dunklen Kino schaffte ich es irgendwie, meinen Platz zu finden mit Hilfe meiner Handytaschenlampe.

In der Pause habe ich mir dann noch ein Popcorn geholt und dann war das Filmfeeling vollkommen. Der Film war wunderschön und so rührend am Ende, dass ich mir gewünscht hätte, ich hätte Taschentücher mitgebracht. Und es fühlte sich überhaupt nicht komisch an, allein da zu sein. Als ich das Kino verliess, regnete es – passend zum Film typisch Englisch – in Strömen. Aber es war dieser Regen nach einem warmen Sommertag, wenn sich die Wärme und die Feuchtigkeit des Regens vermischen und dieser unglaubliche Geruch entsteht, der in mir immer das Gefühl wilder Freiheit auslöst.

Perfekt also zum heutigen Tag.

The End.

Beitragsbild von Linda Gschwentner von Pexels

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