Warum es sich immer lohnt, Neues auszuprobieren

Je älter ich werde, desto mehr wird mir bewusst: Man kann nicht alles sofort können und das ist auch gut so.

Das klingt erst mal logisch, ist in der konkreten Anwendung aber oft gar nicht so leicht.

Ich spiele seit 4 Jahren Klavier und besuche seit 1.5 Jahren eine Jazz-Tanzstunde. Ich gehöre also nicht zu den Menschen, die sich im Kindesalter ein Hobby ausgesucht haben und das bis heute ausüben. Dafür waren mir Block- und Tenorflöte auf Dauer dann doch zu öde. An dieser Stelle grüsse ich meine erste Katze Trixi im Himmel, der meine Flötensessions manchmal so in den Ohren schmerzten dass sie mich von hinten angesprungen hat. Nicht weil ich schlecht gespielt hatte (ok vielleicht auch), sondern weil sie die Tonfrequenz einfach nicht ertrug. Mit der Zeit habe ich es dann natürlich extra gemacht, weil ich es lustig fand.

Ich spiele jetzt seit 4 Jahren Klavier und auch wenn ich immer besser werde, habe ich immer noch das Gefühl, es eigentlich gar nicht zu können, obwohl ich schon diverse Stücke spielen kann und mich jeweils auch selbst auf Video aufnehme dabei.

Ich besuche seit etwas mehr als 1.5 Jahren eine Tanzstunde und ich habe mich da komplett ins kalte Wasser geworfen und war anfangs nur überfordert. Interessanterweise will man am Anfang immer alles sofort richtig machen, obwohl das absolut unmöglich ist. Das habe ich bei mir festgestellt und auch bei Anderen, die irgendwann mal neu waren in der Stunde.

Ich besuche seit ein paar Monaten auch eine Yogastunde und war auch damit anfangs komplett überfordert. Ich konnte mir nicht merken, wie die einzelnen Figuren (Asanas?) heissen und hatte Schwierigkeiten, mir die Bewegungsabläufe (Flows) einzuprägen. Und ich bewunderte die Yogalehrerin für ihre Beweglichkeit und Kraft.

Eine sehr wichtige Lektion im Yoga war für mich: „Alles darf, nichts muss. So wie es für dich heute grad stimmt.“

Als ich das verstanden hatte, konnte ich die Erwartungshaltung, den Perfektionismus und den Druck, das jetzt schaffen zu müssen, ein Stück weit gehen lassen. Und es wurde nach und nach leichter als ich angefangen habe auf meinen Körper zu hören. Und plötzlich stellten sich Fortschritte ein und damit auch die Freude.

„It’s okay to suck.“ Ich glaube, das dürfen wir uns alle immer wieder mal sagen und ein wenig von dieser hohen Erwartungshaltung wegkommen. Denn je öfter man sich denkt: „Jetzt habe ich das schon so oft geübt und kann es immer noch nicht“, desto mehr blockiert man sich selbst. Und je verbissener man es versucht, desto weniger klappt es.

Es ist ebenfalls sehr wichtig, zu versuchen, sich nicht mit anderen zu vergleichen, sondern sich auf sich selbst zu fokussieren. Das ist manchmal enorm schwer, aber es lohnt sich, sich das immer wieder bewusst zu machen. Es ist auch nicht klug, sich mit der Person zu vergleichen, die die Stunde leitet. Die hatte im Normalfall eine ordentliche Ausbildung, Kurse, Weiterbildungen, jahrelange Erfahrung, schon extrem viel mehr Stunden als man selbst und und und. Also hoffentlich kann sie es besser als man selbst. Denn hinter jedem Skill stecken normalerweise viele Stunden Arbeit, Disziplin, Beharrlichkeit und Geduld. Natürlich gibt’s auch Menschen, die einfach eine natürliche Begabung haben und gewisse Dinge schneller können als andere. Aber die sind halt eher die Ausnahme.

Denn auch hinter jedem meiner Klavierstücke stecken unzählige Stunden Übung, Korrektur, Feedback von meiner Klavierlehrerin und noch mehr Übung. Und auf ein fehlerfreies Video, das ich dann auf Instagram lade, gibt es mind. 5 – 10 Fehlversuche mit sehr genervter Gestik und Mimik, weil ich es SCHON WIEDER falsch gespielt habe, obwohl es die anderen 20 Male doch geklappt hat.

Und jeder meiner Texte hier ist das Ergebnis von unzähligen Versionen, Umstrukturierungen und Anpassungen bis ich ihn dann veröffentliche.

Oft ist auch einfach die Angst zu präsent, die mich davon abhält, mich an neue Dinge heranzuwagen, die ich gern tun würde, weil ich Angst davor habe. Angst vor Neuem, Angst, die eigene Komfortzone zu verlassen, Angst, nicht gut genug zu sein und die Angst zu scheitern. Die Angst ist ein Reflex, um uns vor Gefahren zu schützen. Aber wenn man ihr die Oberhand gibt, hält sie uns eben auch davon ab, uns ins Neue und Unbekannte zu wagen und an diesen Erfahrungen zu wachsen. Und wenn etwas scheitert, dann ist es halt so und auch okay. Dann hat man es wenigstens mal probiert und hat nachher vielleicht ne gute Story zu erzählen.

Ich habe mit meinen neuen Hobbies einfach gelernt, dass die Angst vor dem Scheitern einen nicht daran hindern sollte, es zu versuchen. Denn mit jedem neuen Versuch lernt man so viel über sich selbst und das Leben.

Heute habe ich ein Reel gesehen von einer Frau, die mit Triathlon angefangen hat. Und sie hat gesagt, dass sie immer die Letzte war. Die Letzte beim Rennen, die Letzte beim Schwimmen und die Letzte beim Radfahren. Aber sie war da und sie hat immer durchgezogen bis ins Ziel. Und das allein ist schon ein riesiger Grund, stolz auf sich selbst zu sein. Because you came and you showed up.

Beitragsbild von SevenStorm JUHASZIMRUS von Pexels.

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